Wer
keinen Arbeitsplatz findet, sucht möglicherweise mit der falschen
Methode- behauptet zumindest der amerikanische Arbeitswissenschaftler
Richard Nelson Bolles ("Durchstarten zum Traumjob", Campus-Verlag,
Frankfurt, 1999, 39,80 DM) seit Anfang der siebziger Jahre. Er hat einen
radikal anderen Ansatz zur Jobsuche entwickelt, aber die Suche endet
meistens erfolgreich. John Carl Webb aus Münster bietet gemeinsam mit der
Universität Hannover und mit Unterstützung des Arbeitsamtes zweiwöchige
Kurse auch in Hannover an.
HAZ:
Wo liegt der Kern ihres Bewerbungskonzeptes?
Webb:
Stellensuchende lernen den Begriff Bewerbung neu zu definieren. Nicht das
Unternehmen entscheidet, ob ein Kandidat zu ihm paßt, sondern der
Kandidat sucht sich das Unternehmen mit dem Job, der seinen Fähigkeiten
und Interessen entspricht. Das klingt vielleicht abgehoben, ist aber sehr
praktisch. Kursabsolventen bestätigen das immer wieder. Dahinter steckt
eine einzige einfache Erkenntnis: Je genauer jemand weiß, was er will,
desto eher findet er es auch.
HAZ:
Selbst seinen Job finden? Das setzt voraus, dass solche Traumjobs
existieren.
Webb: Es gibt genug Angebote. Haben Sie
schon mal etwas vom verdeckten Arbeitsmarkt gehört? Zwei von drei Stellen
in Deutschland werden nirgendwo öffentlich ausgeschrieben. Nirgendwo.
Diese Stellen existieren- verdeckt. 1998 sind rund 1,4 Millionen Jobs neu
geschaffen worden. Hinzu kamen etwa 3,3 Millionen Jobs, die durch Kündigung,
Krankheit oder Ruhestand frei wurden. Das sind rund 400.000 Arbeitsplätze
pro Monat. Die Chancen, eine freie Stelle zu finden, sind also gar nicht
schlecht. Die Frage lautet: Wie?
HAZ:
Und die Antwort dazu heißt ...?
Webb: Die Antwort der Traditionalisten würde
lauten: Bewerben, bewerben, bewerben, bewerben, auch "blind" bewerben.
Irgendwann werde es schon klappen, heißt es. Anzeigen in Zeitungen
beweisen doch nur, dass Anzeigen erscheinen. Ob tatsächlich jemand
gesucht wird, das weiß zumindest der Anzeigenleser nicht. Ich denke, in
diesem traditionellen Ansatz steckt ein Denkfehler. Denn nur selten weiß
der Bewerber, was er kann und was er will. Erschwerend kommt hinzu, dass
der Bewerber ebenso nur selten genau weiß, was er anzubieten hat und
wohin er eigentlich will. Hier setze ich in den Kursen an. Dann nimmt der
Bewerber Kontakt zu jenen Unternehmen oder zu einer Organisation auf, die
ihn am meisten interessieren, gleichgültig, ob diese gerade einen Job
anbieten oder nicht. In den Kursen lernt man, wie diese Gespräche
zustande kommen.
HAZ:
Das klingt banal.
Webb:
Nicht wie es klingt ist entscheidend, sondern wie es wirkt. Ich will nicht
verhehlen, dass es um harte Arbeit geht. Denn die meisten Leute wissen
nicht viel über sich. Darum aber geht es in den Übungen. Nicht
fachliche, sondern übertragbare Fähigkeiten stehen im Mittelpunkt. Der
eine organisiert gut, der andere erklärt gut, der dritte motiviert
andere. Manche Leite denken, wenn sie Psychologie oder Architektur
studieren, hätten sie auch schon einen Beruf. Falsch. In den Kursen gehen
wir langsam, aber sehr systematisch der Frage nach: Was kann ich? Das
betrifft das Eingemachte, Persönliche. Für viele ist so etwas ganz
furchtbar, weil es privat und anstrengend wird. Deshalb hat es auch keinen
Sinn, sich selbst zu solch einem Kurs schicken zu lassen. Freiwilligkeit
ist die Grundlage. Man lernt auch keine Tricks, sondern entwickelt
Authentizität. Das ist den meisten Teilnehmern völlig neu. Sie lernen,
ihre Geschichte ehrlich und komplex zu erzählen.
HAZ:
Was kommt nach dem Was?
Webb: Das Wo. Wo will ich arbeiten? In
welcher Branche, auf welcher Firmenebene, in welcher geographischen
Region, in einem kleinen, mittleren oder großen Unternehmen? Das alles
wird mit Hilfe von großen, leeren Papierbögen herausgearbeitet.
HAZ:
So weit die Ziele. Aber wie kommt man dorthin?
Webb: Jetzt geht es ums Netzwerkeln. Was nützen
Ziele, wenn sie nicht realistisch sind? Also muss man sich Personen
suchen, die genau das machen, was man selbst machen will. Man führt
unverbindliche Gespräche mit dem Ziel herauszufinden, wie das Geschäft läuft,
wo sich Trends entwickeln, was Probleme bringt, welche Fähigkeiten man
braucht. Weil es für viele Leute schon ungewöhnlich ist, andere Leute
anzusprechen, üben wir im Kurs so etwas auf einem Sektor, der zunächst
nichts mit Jobs selbst zu tun hat. Auf diese Weise entsteht bei den
Teilnehmern die Gewissheit, dass fremde Leute gern über ihr Spezialgebiet
reden, unangenehme Widerstände also wenig zu befürchten sind. In der
Ernstphase, also bei der Recherche hin zum Arbeitsplatz, wird man dann
sehr schnell zum Insider. Und hier liegt der Schlüssel. Wer weiß, was er
kann, was ihm Spaß macht, der vermittelt anderen automatisch das Gefühl,
Erfolg haben zu können. Dann fragen andere, ob man nicht auf diese
Stellen kommen will. Bewerbungsunterlagen werden überflüssig. Man hat
sich erfolgreich beworben, aber ohne die übliche Bewerbung.
Mit
John Carl Webb sprach
Ralf-Günther Münchow
Am
Dienstag, 2. Mai, veranstaltet das Arbeitsamt Hannover einen
"Impulstag" mit John Carl Webb. Anmeldungen unter der Telefonnummer
(05 11) 9 19 21 19 (Herr de Greef)
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