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Erfolgreiche Wege in den verborgenen Arbeitsmarkt

Markus' Visitenkarte trägt neuerdings den stolzen Titel: "Controller": Er arbeitet für einen namhaften süddeutschen Verlag. Therese ist heute Therapeutin in einer Klinik, an deren Aufbau sie maßgeblich beteiligt war. Als Chemikerin hat Barbara eine Stelle in England gefunden. Thomas leitet ein Kulturprojekt in Bremen-Nord, Krista nahm ein Angebot als Personalentwicklerin in der Industrie an und Achmed hat eine Stelle als Familienberater in einer Gemeinschaftspraxis angenommen.

Vor genau einem Jahr, im Herbst `97 saßen Markus, Therese, Barbara, Thomas, Krista und Achmed im Gebäude GW 1. Zusammen mit 19 anderen Bremer Akademikerinnen und Akademikern nahmen sie an einem Seminar mit dem Titel "Wege in den verborgenen Arbeitsmarkt" teil. Zweieinhalb Wochen intensives Training, mehrere Interviews täglich, jeden Abend die Vorbereitung auf den nächsten Tag - und alles drehte sich um die Frage: "Wie finde ich eine Stelle, die zu mir passt?"

Das Seminar basiert auf dem Life/Work Planning Modell des amerikanischen Arbeitswissenschaftlers Richard Nelson Bolles. Er verneint radikal die Effektivität der schriftlichen Bewerbungsform. Statt dessen lernen die Bewerber ihre eigenen Netzwerke zu in die Arbeitswelt hinein zu knüpfen. Diese Vorgehensweise setzt jedoch voraus, dass die sich bewerbende Person vorher einige Basisfragen klärt.

"Was habe ich als Bewerber einer Organisation zu bieten?" "Was hätte sie davon, mich zunehmen?" "Wo will ich überhaupt arbeiten, und warum gerade da?" Im Seminar arbeitet man die Antworten aus und übt immer wieder, sie zum Besten zu geben. "Man wird zu einem kompetenten Erzähler der eigenen Geschichte", bringt Markus seine Erfahrungen auf den Punkt. 

Seit 1971 haben sich L/WP-Seminare an vielen Hochschulen in Amerika, Frankreich, Kanada, England, Australien und in der Schweiz etabliert. Nach der Universität Münster ist Bremen die zweite deutsche Uni, die solche Seminare fest im Weiterbildungsangebot verankert hat. Die nächste Veranstaltung findet vom 19. November bis zum 8. Dezember statt. Nähere Informationen erhält man beim Zentrum für Weiterbildung unter der Telefonnummer (0421) 218-3409.

"Andere Bewerbungsformen"

BUS-Interview mit dem Dozenten John Carl Webb

John Carl Webb leitet Studierende auf die Wege in den verborgenen Arbeitsmarkt. BUS stellte dem amerikanischen Dozenten die folgenden Fragen.

BUS: Herr Webb, warum brauchen Akademiker ein solches Seminar? Sie haben doch schließlich studiert.

Webb: Wenn es um die Stellensuche geht, kennen die meisten Leute nur ein Modell für ihre Bewerbung, das schriftliche. Für viele Bewerber funktioniert diese Bewerbungsform nicht. Die geschriebenen Lebensläufe münden nicht in einer Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das LWP Verfahren zeigt andere Handlungsinitiativen auf.

BUS: Stimmt es, dass man in ihrem Seminar lernt, die Personalabteilung zu umgehen?

Webb: "Umgehen" ist eine ziemlich provokative Formulierung. Aus Bewerbersicht macht es halt wenig Sinn, mit Leuten zu verhandeln, die nicht dazu autorisiert sind, "Ja" zu sagen. Die eigentlichen Entscheidungsträger sind die operativen Verantwortlichen: Sie sitzen selten in einer Personalabteilung.

BUS: Der deutsche Arbeitsmarkt ist aber anders als der amerikanische. Lässt sich das Verfahren überhaupt auf unsere Verhältnisse übertragen?

Webb: Sicher gibt es Unterschiede, aber diese schränken die Effektivität des Verfahrens in keiner Weise ein. Arbeitgeber auf beiden Seiten des Atlantiks wollen hören, was ein Bewerber kann und was er will. Wenn jemand nie gelernt hat, das eigene Potential zu beschreiben, dann hat der Arbeitgeber zunächst keinen Anlaß zu der Annahme, dass Nennenswertes vorhanden ist.

Bremer Uni-Schlüssel
Bus Nr. 50,
Oktober 1998

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