Julia Glöer (JG): L/WP stellt den herkömmlichen Ansatz der Berufsberatung auf den Kopf. Beschäftigungsprognosen und die Wünsche von Arbeitgebern spielen zunächst keine Rolle. Anstatt auf passende Stellenanzeigen oder Vermittlungsglück zu warten, lernen die Stellensuchenden selbst aktiv zu werden.
HWP Magazin: Meinen Sie so etwas wie Initiativbewerbungen?
JG: In der Tat geht es um eine Bewerbung auf die „noch nicht ausgeschriebene Stelle“. Allerdings gibt es bei dieser Art der Bewerbung keinerlei schriftliche Unterlagen, die verschickt werden. Die Teilnehmerinnen lernen vielmehr, wie sie persönliche Gespräche initiieren können, die zu einer Einstellung führen.
HWP Magazin: Auf welchen Überlegungen basiert dieser Grundsatz?
RH: Viele Teilnehmer staunen, wenn man ihnen diesen Ansatz vorstellt. Eine Analyse der Arbeitsmarktstatistiken zeigt aber, dass drei von vier Stellen niemals öffentlich ausgeschrieben werden. Das sind in Deutschland monatlich rund 300.000 offene Stellen, die in keiner Zeitung und auf keiner Internetseite auftauchen. Genau auf diesen so genannten „verborgenen Arbeitsmarkt“ zielt
die Methode ab.
HWP Magazin: Was können TeilnehmerInnen in Ihren Workshops
lernen?
Rüdiger Hoff, Julia Glöer – L/WP-Trainer
RH: Im Wesentlichen erarbeiten sich die TeilnehmerInnen drei Bausteine: Im ersten Teil geht es darum, die eigenen Fähigkeiten zu bestimmen. Ziel ist es, dem Arbeitgeber überzeugend präsentieren zu können, was ich ihm anzubieten habe. Im zweiten Baustein definieren die Teilnehmerinnen ihre persönlich relevanten Themen- bzw. Interessenbereiche. In der anschließenden Kombination von Fähigkeiten und Interessen entwickeln die TeilnehmerInnen ihre individuellen Zukunftsvisionen und planen konkrete Umsetzungsschritte. Ist das Wunschaufgabengebiet einmal bestimmt, geht es im dritten und letzten Schritt darum, eine Kette gut strukturierter, persönlicher Gespräche mit Berufstätigen zu führen. Dabei stellen die TeilnehmerInnen sehr schnell für sich fest, welche Betriebe sie interessieren und wo sie gebraucht
werden.
HWP Magazin: Glauben Sie, dass diese Methode dazu beitragen kann, mehr Menschen in „Lohn und Brot“ zu bringen?
JG: Laut Untersuchungen der Unternehmensberatung Gallup sind nur 12% aller deutschen Arbeitnehmer glücklich beziehungsweise engagiert an ihrem Arbeitsplatz. Damit rangieren die Deutschen im internationalen Vergleich auf dem viertletzten Platz. Gallup hat errechnet, dass dieses niedrige Engagement bundesdeutsche Arbeitgeber jährlich rund 250 Milliarden Euro kostet.
L/WP ist ein System, das Menschen dabei hilft, Arbeit zu finden, die sie gerne ausüben. Es bietet also Lösungsansätze für unser Wirtschaftsproblem Nummer eins. Wenn mehr Menschen ein solches System kennen würden, könnten die Kosten, die durch Trägheit am Arbeitsplatz entstehen, deutlich gesenkt werden. Könnten so nicht letztlich auch jede Menge neuer Arbeitsplätze entstehen?
HWP Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Erdmute Schmidt,
SchmidtE@hwp-hamburg.de
Die HWP bietet im Sommersemester zwei Veranstaltungen zu L/WP an. Referenten sind Julia Glöer und Rüdiger Hoff.
Informationsabend – Vortrag
17. Juni 2004, 18.00 bis 20,00 Uhr. HWP, Hörsaal, Kosten: frei
Impulstag – Workshop
10. Juli 2004, 09,00 bis 18.00 Uhr, HWP, Raum A 215,
Anmeldung erforderlich. Kosten: € 20,–
Anmeldung und weitere Informationen:
Erdmute Schmidt, HWP Career Service, Tel.: 040/42838-2790
SchmidtE@hwp-hamburg.de,
www.lifeworkplanning.de/html/angebote_lwp/foyer/index.html
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aus:
HWP MAGAZIN 2/2004